Fiktives Interview mit John M. Keynes

Autorinnen: Janina Klintworth und Elisabeth Wahlen

Der Ökonom John Maynard Keynes spricht davon, dass nicht immer eine Vollbeschäftigung geleistet sei und plädiert für eine Geld- und Fiskalpolitik.

Interviewerinnen:

Herr John Maynard Keynes, bislang waren die Nationalökonomen überwiegend von der Annahme ausgegangen, dass in einem freien, marktwirtschaftlichen System Wirtschaftskrisen sich über die Selbstheilungskräfte des Marktes ohne die Notwendigkeit staatlicher Eingriffe wieder beheben.

Was meinen Sie dazu?

Keynes:

Ich denke, dass es in einer Marktwirtschaft zu andauernder Unterbeschäftigung kommen kann. Das bedeutet, dass Wirtschaften nicht notwendiger Weise zur Vollbeschäftigung tendieren muss. Wir sehen ja anhand der Wirtschaftskrise, dass es ohne staatliche Eingriffe nicht wieder zur Vollbeschäftigung kommt.

 

Interviewerinnen:

Was sollte der Staat in dieser Lage wie in einer Wirtschaftskrise Ihrer Meinung nach tun?

 

Keynes:

Nun ja,  das marktwirtschaftliche, vom Staat unbeeinflusste System hat in der Zeit der Weltwirtschaftskrise versagt. Aus diesem Grund habe ich  mir oft die Frage gestellt, wie man durch staatliches, gesamtwirtschaftlich orientiertes Handeln dieses Versagen des kapitalistischen Wirtschaftssystems verhindern oder wenigstens mildern kann.

Meine Überlegung war daher, dass der Staat eine aktive Rolle übernehmen müsste. Der gesamtwirtschaftliche Ablauf muss geplant werden. Wir müssen endlich die Notwendigkeit der Planung akzeptieren, ohne gleich ein Kommunist, Sozialist oder Faschist zu sein.

Als Beispiele könnte man die Sowjetunion und Italien nennen. Diese hatten mit ihrer Form der staatlichen Planung Erfolg. Trotzdem lehne ich den italienischen Faschismus ab und schlage eine Planung der Gesamtwirtschaft vor, die das Niveau von wirtschaftlicher Produktion und Aktivität auf einer optimalen Höhe zu halten versucht. Ein Einzelner kann diese vielen Probleme gar nicht in Angriff nehmen, da muss schon der Staat mithelfen.

Mein Ziel ist es, eine grundlegend neue Wirtschaftsform durch demokratische Evolution  zu erreichen.

 

Interviewerinnen:

Ihre Theorie hat ja eine zentrale Botschaft. Können Sie uns diese noch ein wenig näher bringen?

 

Keynes:

Die Botschaft meiner Theorie ist einfach die, dass bei flexiblen Preisen und Löhnen die Vollbeschäftigung nicht garantiert ist. Es kann viel mehr passieren, dass langfristig ein Zustand der Unterbeschäftigung herrscht.

Aus genau diesem Grund muss der Staat zu finanz- und geldpolitischen Mitteln greifen, um das Niveau wieder so heranzuführen, dass wieder Vollbeschäftigung gewährleistet ist.

 

Interviewerinnen:

Was genau kritisieren Sie an der klassischen Lehre?

 

Keynes:

Die klassische Lehre besagt, dass das marktwirtschaftliche System sich bei Konjunkturschwankungen selbstständig helfen kann. Dies denke ich allerdings nicht. Die Nachfrage ist sehr instabil und bei einem wirtschaftlichen Ungleichgewicht sollte meiner Meinung nach, wie gesagt, der Staat eingreifen.

In der klassischen Lehre allerdings übernimmt der Staat keine stabilitätspolitsche Verantwortung.

Die Ursache der Arbeitslosigkeit in der klassischen Theorie liegt in zu hohen Reallöhnen. Ich behaupte, dass die Ursache bei einer zu geringen gesamtwirtschaftlichen Nachfrage liegt.

Die Wirtschaft kann in einer Wirtschaftskrise nur durch Hilfe des Staats wieder angekurbelt werden.

 

Interviewerinnen:

Herr Keynes, können Sie uns nun noch Ihre Meinung über das Konsumverhalten mitteilen?

 

Keynes:

Ich behaupte, dass die Veränderungen des Konsums von den Veränderungen des verfügbaren Einkommens verursacht werden.

Die Haushalte geben nicht mehr ihr gesamtes Einkommen aus, sondern sparen einen Teil. Je mehr Einkommen die Haushalte bekommen, desto höher steigt der Teil, der gespart wird.

Außer durch sinkende Konsum- und Investitionsgüternachfrage können auch gesamtwirtschaftliche Nachfrageausfälle eintreten, wenn der Staat seine Ausgaben kürzt oder die Exportnachfrage zurückgeht.

 

Interviewerinnen:

Eine letzte Frage hätten wir nun noch an Sie.

Viele Wirtschaftsteilnehmer halten einen Teil ihres Geldvermögens als Bargeld.

Welche Erklärung geben Sie auf diese Verwaltung des Geldvermögens?

Keynes:

Meiner Meinung nach gibt es vier Hauptbeweggründe für diese Verwaltung des Geldes. Sie dienen alle zur Überbrückung oder zur Vorsorge.

Die vier Motive heißen Einkommensmotiv, Geschäftsmotiv, Vorsorgemotiv und Spekulationsmotiv.

Das Einkommensmotiv dient zur Überbrückung zwischen Einnahme und Ausgabe des Einkommens, das Geschäftsmotiv zur Überbrückung von Einkauf und Verkauf der Waren und das Vorsorgemotiv  zur Vorsorge für unvorhersehbare Ausgaben. Das Spekulationsmotiv beinhaltet, dass das Geld künftig irgendwo günstiger angelegt werden kann.

 

Interviewerinnen:

Wir bedanken uns recht herzlich für Ihr interessantes Interview. Nun wollen wir nicht mehr von Ihrer kostbaren Zeit stehlen!

Für die Zukunft wünschen wir Ihnen alles Gute und weiterhin viel Erfolg.

 

Keynes:

Ich bedanke mich ebenfalls bei Ihnen.